Teufel ‒ ist der schön!

 

Teufel ‒ ist der schön!

Im christlichen Glauben wie im Aberglauben ist der Teufel unter vielerlei Namen und Gestalten präsent, und auch in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht erscheint der Höllenfürst als variantenreiche Figur. Ausgehend von den geistlichen Spielen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit entwickelte sich die Teufelsgestalt zu einem zentralen Bestandteil vieler Fastnachtsbräuche. Der Rottweiler Federahannes kann als klassischer Exponent dieser älteren Tradition gelten. Seit der „Erfindung“ der modernen Fastnachtshexe in den 1930er-Jahren hat der Teufel erneut Konjunktur; Hexenmeister als Einzelfiguren, aber auch ganze Teufelsgruppen treiben ihr närrisches Spiel.

Die dämonisch-elegante Gestalt des Waldseer Federle ist nicht denkbar ohne den Rückgriff auf die Rottweiler Tradition. Mit der Gründung der Narrenzunft Waldsee ging im Jahr 1935 die Umwandlung der bisherigen Theaterfastnacht zur schwäbisch-alemannischen Fastnacht einher. Maßgeblich beteiligt war Elferrat und Narrenschreiber Theo Rieger, der die Rottweiler Fastnacht aus seiner Schulzeit im dortigen Konvikt kannte. Unter Anlehnung an Waldseer Überlieferungen kreierte er in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Sepp Beyerle neue Fastnachtsgestalten. Der Federle entstand unter Rückgriff auf Aufzeichnungen zu frühneuzeitlichen Hexenprozessen, in denen nach einem gängigen Motiv der „Böse“ als Verführer in Jägergestalt beschrieben wird. Gekleidet in enge rote Hosen, schwarzes Wams und grünen Umhang, mit Schnabelschuhen und langer Schmuckfeder am Hut, sind die Federle mit ihren weiten Sprüngen am gegabelten Haselstock bis heute eine Aufsehen erregende Erscheinung.

Der Teufel im Heuberg-Ort Obernheim ist eine Schöpfung der späten 1930er-Jahre. Die Einzelfigur wurde als Herr und Meister der 1938 durch Anschaffung von Holzmasken aufgewerteten Hexenschar konzipiert. Trug der Gehörnte an der Fastnacht 1939 noch eine überdimensionale Maske aus Pappmaschee, wurde sein Erscheinungsbild parallel zu den Hexen in der Nachkriegszeit veredelt. Stilistisch stehen die Obernheimer Masken in der Tradition einer anderen großen Fastnacht des Südwestens. Der Elzacher Bildhauer Fritz Disch, aus dessen Werkstatt die ersten hölzernen Hexenmasken stammten, entwarf auch die neue Obernheimer Teufelsmaske. Im Jahr 1972 entstand das heutige Häs mit einem zweiteiligen schwarz-roten Anzug im Mi-Parti und aufgesticktem Hexenfeuer auf beiden Brustseiten. Mit zweizackiger Ofengabel und seinem unverzichtbaren Buch ist der Teufel an allen wichtigen Fastnachtsterminen präsent.

Narrenzunft Bad Waldsee: Federle
Bildnachweis: Zentralarchiv der VSAN

Hexenzunft Obernheim: Teufel
Bildnachweis: Zentralarchiv der VSAN

2022-06-10T12:11:20+02:0026. April 2022|

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