Ausgefallene Fastnacht2022-09-20T12:06:37+02:00

Ausgefallene Fastnacht

Ausgefallene Fastnacht

Fastnacht – Ausfälle und Einfälle

Bajass-Püppchen auf einem Roboter-Staubsauger, Videoclip zur ausgefallenen Fastnacht 2021, Autor unbekannt

Das Bajass-Püppchen, das zu Narrenmarsch-Klängen auf einem Staubsauger-Roboter über den Parkett fährt, stiftet keine neue Tradition. Es ist nur eines von zahllosen virtuellen Ersatzformaten, die angesichts des Ausfalls der Fastnacht 2021 entwickelt wurden und dann im Internet viral gingen. Nachdem die globale Pandemie COVID 19 seit März 2020 große Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt hatte und erneute Infektionswellen harte Lockdown-Maßnahmen nach sich zogen, war schnell klar, dass es 2021 eine Fastnacht üblichen Stils nicht geben würde. So enttäuschend das für hunderttausende von Menschen auch gewesen sein mag, so deutlich zeigte sich gerade in dieser Situation die Vitalität des Festes. Der notgedrungene Verzicht auf alle öffentlichen Präsenzveranstaltungen setzte nämlich kreative Potenziale frei, die sich im virtuellen Raum manifestierten und eben dort die Unverwüstlichkeit fastnächtlichen Humors zeigten. Grund genug, hier einmal dem Thema „Fastnachtsausfall“ zunächst historisch nachzugehen und dann einige der digitalen Alternativen zu zeigen, die im Coronajahr 2021 entstanden sind.

Fastnacht – Ausfälle und Einfälle

Das Bajass-Püppchen, das zu Narrenmarsch-Klängen auf einem Staubsauger-Roboter über den Parkett fährt, stiftet keine neue Tradition. Es ist nur eines von zahllosen virtuellen Ersatzformaten, die angesichts des Ausfalls der Fastnacht 2021 entwickelt wurden und dann im Internet viral gingen. Nachdem die globale Pandemie COVID 19 seit März 2020 große Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt hatte und erneute Infektionswellen harte Lockdown-Maßnahmen nach sich zogen, war schnell klar, dass es 2021 eine Fastnacht üblichen Stils nicht geben würde. So enttäuschend das für hunderttausende von Menschen auch gewesen sein mag, so deutlich zeigte sich gerade in dieser Situation die Vitalität des Festes. Der notgedrungene Verzicht auf alle öffentlichen Präsenzveranstaltungen setzte nämlich kreative Potenziale frei, die sich im virtuellen Raum manifestierten und eben dort die Unverwüstlichkeit fastnächtlichen Humors zeigten. Grund genug, hier einmal dem Thema „Fastnachtsausfall“ zunächst historisch nachzugehen und dann einige der digitalen Alternativen zu zeigen, die im Coronajahr 2021 entstanden sind.

Weltkriege und Notjahre

“Narrenbuch” von Überlingen, Hänsele-Ersatz 1914 – 1918, Eintrag von 1919, Archiv der Narrenzunft Überlingen, Stadtarchiv Überlingen

Dass es auf Fastnacht keine Garantie gibt, sondern dass sie sehr wohl auch ausfallen kann, hat die jüngere Geschichte oft genug gezeigt. Allein im 20. Jahrhundert blieben in Deutschland kriegsbedingt 17 Jahre ohne Fastnacht. Im Ersten Weltkrieg ruhte sie von 1915 bis 1918. Die Narrenchronik von Überlingen illustrierte das sarkastisch mit einem am Kleiderhaken hängenden, von Spinnweben überzogenen Hänsele-Häs, dem als makabre aktuelle Maskierung eine Gasmaske gegenübersteht. 1919, wenige Wochen, nachdem die Waffen schwiegen, war angesichts von Leid und Elend ebenfalls noch niemandem nach Feiern zumute; und wegen der instabilen politischen Lage fand danach sogar noch weitere fünf Jahre keine Fastnacht statt. Erst ab 1925 lebten die Traditionen wieder auf. – Im Zweiten Weltkrieg erfuhr die Fastnacht von 1940 bis 1945 ihre nächste schwere Zäsur. In einem zerstörten Land und aus Respekt vor Millionen Toten unterblieb sie auch 1946 noch. Vereinzelte Brauchaktivitäten, sentimentalisch aufgeladen als Ausdruck von Heimat, wurden von den Alliierten 1947 wieder erlaubt, und ab 1948 kehrte die Fastnacht dann nach und nach zu ihren gewohnten Formen zurück.

Weltkriege und Notjahre

Dass es auf Fastnacht keine Garantie gibt, sondern dass sie sehr wohl auch ausfallen kann, hat die jüngere Geschichte oft genug gezeigt. Allein im 20. Jahrhundert blieben in Deutschland kriegsbedingt 17 Jahre ohne Fastnacht. Im Ersten Weltkrieg ruhte sie von 1915 bis 1918. Die Narrenchronik von Überlingen illustrierte das sarkastisch mit einem am Kleiderhaken hängenden, von Spinnweben überzogenen Hänsele-Häs, dem als makabre aktuelle Maskierung eine Gasmaske gegenübersteht. 1919, wenige Wochen, nachdem die Waffen schwiegen, war angesichts von Leid und Elend ebenfalls noch niemandem nach Feiern zumute; und wegen der instabilen politischen Lage fand danach sogar noch weitere fünf Jahre keine Fastnacht statt. Erst ab 1925 lebten die Traditionen wieder auf. – Im Zweiten Weltkrieg erfuhr die Fastnacht von 1940 bis 1945 ihre nächste schwere Zäsur. In einem zerstörten Land und aus Respekt vor Millionen Toten unterblieb sie auch 1946 noch. Vereinzelte Brauchaktivitäten, sentimentalisch aufgeladen als Ausdruck von Heimat, wurden von den Alliierten 1947 wieder erlaubt, und ab 1948 kehrte die Fastnacht dann nach und nach zu ihren gewohnten Formen zurück.

“Narrenbuch” von Überlingen, Hänsele-Ersatz 1914 – 1918, Eintrag von 1919, Archiv der Narrenzunft Überlingen, Stadtarchiv Überlingen

Fastnachtsverzicht 1991

“Narrenbuch” von Überlingen, Die Narrenwelt im Würgegriff von Saddam Hussein, Eintrag von 1991,  Archiv der Narrenzunft Überlingen, Stadtarchiv Überlingen

Zu einem weiteren Ausfall von Fastnacht und Karneval, der 18. Festabsage des 20. Jahrhunderts, kam es 1991 wegen des Krieges am Persischen Golf. Aufgrund der Befürchtung, dass bei einer drohenden militärischen Auseinandersetzung im Nahen Osten Israel von Verbündeten des Iran mit Raketen deutscher Bauart beschossen werden könnte, hielten Politik und öffentliche Meinung fastnächtliches Feiern in Deutschland in jenem Jahr für nicht vertretbar. Als der Krieg gegen den Irak dann kurz vor den Fastnachtstagen 1991 tatsächlich ausbrach, verzichtete man sowohl im schwäbisch-alemannischen Raum als auch im Rheinland auf alle organisierten närrischen Aktivitäten. Wiederum in der Narrenchronik von Überlingen wurde der Fastnachtsausfall 1991 mit einem Bild des irakischen Machthabers Saddam Hussein illustriert, der die weinende Fastnachtswelt – übrigens unter der Kappe eines Überlinger Narrenrats – im Würgegriff hat. Heute weiß man, dass die Rechtfertigung des damaligen Angriffs auf den Irak unter Führung der USA politisch höchst zweifelhaft war. Der Illustrator der Narrenchronik ging freilich vom Wissensstand seiner Zeit aus.

Fastnachtsverzicht 1991

Zu einem weiteren Ausfall von Fastnacht und Karneval, der 18. Festabsage des 20. Jahrhunderts, kam es 1991 wegen des Krieges am Persischen Golf. Aufgrund der Befürchtung, dass bei einer drohenden militärischen Auseinandersetzung im Nahen Osten Israel von Verbündeten des Iran mit Raketen deutscher Bauart beschossen werden könnte, hielten Politik und öffentliche Meinung fastnächtliches Feiern in Deutschland in jenem Jahr für nicht vertretbar. Als der Krieg gegen den Irak dann kurz vor den Fastnachtstagen 1991 tatsächlich ausbrach, verzichtete man sowohl im schwäbisch-alemannischen Raum als auch im Rheinland auf alle organisierten närrischen Aktivitäten. Wiederum in der Narrenchronik von Überlingen wurde der Fastnachtsausfall 1991 mit einem Bild des irakischen Machthabers Saddam Hussein illustriert, der die weinende Fastnachtswelt – übrigens unter der Kappe eines Überlinger Narrenrats – im Würgegriff hat. Heute weiß man, dass die Rechtfertigung des damaligen Angriffs auf den Irak unter Führung der USA politisch höchst zweifelhaft war. Der Illustrator der Narrenchronik ging freilich vom Wissensstand seiner Zeit aus.

“Narrenbuch” von Überlingen, Die Narrenwelt im Würgegriff von Saddam Hussein, Eintrag von 1991,  Archiv der Narrenzunft Überlingen, Stadtarchiv Überlingen

Fastnacht in Pandemiezeiten

“Der Tod als Würger”, kolorierter Holzschnitt, von Alfred Rethel 1851, Bezug nehmend auf den Cholera-Ausbruch in Paris 1831; Bildquelle: Alamy

Dass die Fastnacht im 21. Jahrhundert einmal wegen einer Pandemie ausfallen würde, hätte sich niemand vorstellen können, weil man ein solches Ereignis in der Moderne nicht mehr für möglich hielt. Vor 1900 hatte es indessen immer wieder Fastnachtsausfälle aufgrund von Seuchen gegeben, im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit meist wegen der Pest. Und manchmal standen Epidemien sogar in unmittelbarem Zusammenhang mit Fastnachtsveranstaltungen. Spektakulär war der von Heinrich Heine beschriebene Fall des ersten Opfers der Cholora in Paris 1831, als ein Teilnehmer eines Maskenballs im dortigen Karneval tot umfiel. Zwanzig Jahre später, 1851, verlieh Alfred Rethel eben dieser Szene in seinem Totentanz bildhaften Ausdruck: Der Tod tritt mit einer Knochenfiedel und einer Maske am Armgelenk ins Ballgeschehen, umgeben von maskierten und kostümierten Opfern, während andere in Panik zu fliehen versuchen. Dass übrigens in der Corona-Epidemie 2020/21 einer der ersten Hotspots des Infektionsgeschehens in Deutschland ebenfalls ein Karnevalsball in Heinsberg in Nordrhein-Westfalen war, klingt wie Ironie der Geschichte.

Fastnacht in Pandemiezeiten

Dass die Fastnacht im 21. Jahrhundert einmal wegen einer Pandemie ausfallen würde, hätte sich niemand vorstellen können, weil man ein solches Ereignis in der Moderne nicht mehr für möglich hielt. Vor 1900 hatte es indessen immer wieder Fastnachtsausfälle aufgrund von Seuchen gegeben, im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit meist wegen der Pest. Und manchmal standen Epidemien sogar in unmittelbarem Zusammenhang mit Fastnachtsveranstaltungen. Spektakulär war der von Heinrich Heine beschriebene Fall des ersten Opfers der Cholora in Paris 1831, als ein Teilnehmer eines Maskenballs im dortigen Karneval tot umfiel. Zwanzig Jahre später, 1851, verlieh Alfred Rethel eben dieser Szene in seinem Totentanz bildhaften Ausdruck: Der Tod tritt mit einer Knochenfiedel und einer Maske am Armgelenk ins Ballgeschehen, umgeben von maskierten und kostümierten Opfern, während andere in Panik zu fliehen versuchen. Dass übrigens in der Corona-Epidemie 2020/21 einer der ersten Hotspots des Infektionsgeschehens in Deutschland ebenfalls ein Karnevalsball in Heinsberg in Nordrhein-Westfalen war, klingt wie Ironie der Geschichte.

“Der Tod als Würger”, kolorierter Holzschnitt, von Alfred Rethel 1851, Bezug nehmend auf den Cholera-Ausbruch in Paris 1831; Bildquelle: Alamy

Singen gegen Corona 2021

Screenshot aus dem Video: Der singende Zunftmeister von Bad Saulgau 2021, Video: Doraus-Zunft Bad Saulgau, Idee und Gestaltung Raphael Osmakowsi-Miller

Die Corona-Pandemie war unmittelbar nach der Fastnacht 2020 ausgebrochen. Ziemlich genau ab Aschermittwoch mehrten sich die Infektionen. In Deutschland hatten noch alle närrischen Termine wie gewohnt stattgefunden. Aber in Basel mit seinem eine Woche späteren Fastnachtsdatum fiel das Fest 2020 bereits aus. Als im Folgejahr 2021 die Pandemie-Lage nach wie vor keinerlei physische Zusammenkünfte bei Saal- oder Straßenveranstaltungen erlaubte, wurden sämtliche öffentlichen Fastnachts- und Karnevalsaktivitäten abgesagt. In dieser Situation entstanden hunderte teils höchst originelle, teils auch sehr anrührende digitale Alternativformate, mit denen sich die Narrenzünfte oder einzelne Narren über die sozialen Medien zu Wort meldeten, um wenigstens virtuell ein bisschen Fastnachtsstimmung in die Häuser zu bringen. Ein paar Kostproben davon sind im Folgenden zu sehen.
Der Zunftmeister von Bad Saulgau beispielsweise wandte sich mit einer musikalischen Botschaft musikalisch an seine Mitbürgerinnen und Mitbürger, indem er das Saulgauer Fasnetslied “Doraus – detnaus“ coronabezogen umtextete.

Singen gegen Corona 2021

Die Corona-Pandemie war unmittelbar nach der Fastnacht 2020 ausgebrochen. Ziemlich genau ab Aschermittwoch mehrten sich die Infektionen. In Deutschland hatten noch alle närrischen Termine wie gewohnt stattgefunden. Aber in Basel mit seinem eine Woche späteren Fastnachtsdatum fiel das Fest 2020 bereits aus. Als im Folgejahr 2021 die Pandemie-Lage nach wie vor keinerlei physische Zusammenkünfte bei Saal- oder Straßenveranstaltungen erlaubte, wurden sämtliche öffentlichen Fastnachts- und Karnevalsaktivitäten abgesagt. In dieser Situation entstanden hunderte teils höchst originelle, teils auch sehr anrührende digitale Alternativformate, mit denen sich die Narrenzünfte oder einzelne Narren über die sozialen Medien zu Wort meldeten, um wenigstens virtuell ein bisschen Fastnachtsstimmung in die Häuser zu bringen. Ein paar Kostproben davon sind im Folgenden zu sehen.
Der Zunftmeister von Bad Saulgau beispielsweise wandte sich mit einer musikalischen Botschaft musikalisch an seine Mitbürgerinnen und Mitbürger, indem er das Saulgauer Fasnetslied “Doraus – detnaus“ coronabezogen umtextete.

Screenshot aus dem Video: Der singende Zunftmeister von Bad Saulgau 2021, Video: Doraus-Zunft Bad Saulgau, Idee und Gestaltung Raphael Osmakowsi-Miller

Singen gegen Corona 2021

Der singende Zunftmeister von Bad Saulgau 2021, Video: Doraus-Zunft Bad Saulgau, Idee und Gestaltung Raphael Osmakowsi-Miller

Kläpperle im Lockdown

Screenshot aus dem Video: Kläpperlevideo der Schwarzenbergschule Waldkirch 2021, Videoclips von Schülerinnen und Schülern der Schwarzenbergschule Waldkirch, Zusammenstellung und Schnitt: Michaela Maas, Musik: Waldkircher Kläpperlelied

Besonders enttäuscht über den Ausfall der Fastnacht 2021 waren vor allem die Kinder, die üblicherweise ihren festen Platz im Brauchgeschehen haben. In den Städten Waldkirch, Gengenbach und Radolfzell ist ein wichtiges Vergnügen des Narrennachwuchses das „Kläppere“. Darunter versteht man das rhythmische, beidhändige Klappern mit kastagnettenähnlichen Holzplättchen, das erstaunlich virtuos praktiziert wird. In allen drei Städten gibt es sogar jedes Jahr einen großen Kläpperleswettbewerb, bei dem die besten Kläpperlesbuben und -mädchen ermittelt werden. In Ermangelung dieses Ereignisses erstellte die Schwarzenbergschule in Waldkirch ein Video, in dem alle Schülerinnen und Schüler, die Lust dazu hatten, in Verkleidungen ihrer Wahl zu den Klängen des Waldkircher Kläpperlieds kläppern durften. Viele machten mit, auch einige Lehrerinnen und Lehrer, woraus ein fröhlicher virtueller Fastnachtsersatz nicht nur für die kleinen, sondern auch für erwachsene Waldkircher entstand.

Kläpperle im Lockdown

Besonders enttäuscht über den Ausfall der Fastnacht 2021 waren vor allem die Kinder, die üblicherweise ihren festen Platz im Brauchgeschehen haben. In den Städten Waldkirch, Gengenbach und Radolfzell ist ein wichtiges Vergnügen des Narrennachwuchses das „Kläppere“. Darunter versteht man das rhythmische, beidhändige Klappern mit kastagnettenähnlichen Holzplättchen, das erstaunlich virtuos praktiziert wird. In allen drei Städten gibt es sogar jedes Jahr einen großen Kläpperleswettbewerb, bei dem die besten Kläpperlesbuben und -mädchen ermittelt werden. In Ermangelung dieses Ereignisses erstellte die Schwarzenbergschule in Waldkirch ein Video, in dem alle Schülerinnen und Schüler, die Lust dazu hatten, in Verkleidungen ihrer Wahl zu den Klängen des Waldkircher Kläpperlieds kläppern durften. Viele machten mit, auch einige Lehrerinnen und Lehrer, woraus ein fröhlicher virtueller Fastnachtsersatz nicht nur für die kleinen, sondern auch für erwachsene Waldkircher entstand.

Screenshot aus dem Video: Kläpperlevideo der Schwarzenbergschule Waldkirch 2021, Videoclips von Schülerinnen und Schülern der Schwarzenbergschule Waldkirch, Zusammenstellung und Schnitt: Michaela Maas, Musik: Waldkircher Kläpperlelied

Kläpperle im Lockdown

Kläpperlevideo der Schwarzenbergschule Waldkirch 2021, Videoclips von Schülerinnen und Schülern der Schwarzenbergschule Waldkirch, Zusammenstellung und Schnitt: Michaela Maas, Musik: Waldkircher Kläpperlelied

A bissle isch besser als nix

Screenshot aus dem Video: Hausacher Coronasonntagsspaziergang 2021, Video: Freie Narrenzunft Hausach e. V., Idee und Gestaltung: Marco Schwab

In Hausach im Kinzigtal machten 2021 anstelle des üblichen großen Umzugs ein paar wenige ausgewählte Narren auf der leeren Straße einen bescheidenen, quasi internen „Coronasonntagsspaziergang“, den sie dann ins Internet stellten. Die Akteure hielten sich dabei streng an die von den Behörden verfügten Hygiene- und Abstandsregeln. Bis auf ein paar vor die Tür gekommene Anwohner spielte sich das Ganze ohne Zuschauer ab und wirkte in seiner Schlichtheit fast rührend. Die dahinter stehende Idee thematisierte der „Mottowagen“, ein von einer kleinen „Spättlemadlee“ gezogenes blau-gelbes Leiterwägelchen, in dem ein Schild mit der Aufschrift lag: „A bissle isch besser als wie nix.“ Die Art und Weise, wie man sich in Hausach mit der Situation arrangierte und dem fastnachtslosen Jahr 2021 ein wenig von seiner Tristesse nahm, zeigt eindrucksvoll, wie tief die fastnächtlichen Traditionen in den Herzen der Menschen verwurzelt sind. Fastnacht ist ein Stück Heimat, das auch unter schwierigen Bedingungen nichts von seiner Lebendigkeit verliert.

A bissle isch besser als nix

In Hausach im Kinzigtal machten 2021 anstelle des üblichen großen Umzugs ein paar wenige ausgewählte Narren auf der leeren Straße einen bescheidenen, quasi internen „Coronasonntagsspaziergang“, den sie dann ins Internet stellten. Die Akteure hielten sich dabei streng an die von den Behörden verfügten Hygiene- und Abstandsregeln. Bis auf ein paar vor die Tür gekommene Anwohner spielte sich das Ganze ohne Zuschauer ab und wirkte in seiner Schlichtheit fast rührend. Die dahinter stehende Idee thematisierte der „Mottowagen“, ein von einer kleinen „Spättlemadlee“ gezogenes blau-gelbes Leiterwägelchen, in dem ein Schild mit der Aufschrift lag: „A bissle isch besser als wie nix.“ Die Art und Weise, wie man sich in Hausach mit der Situation arrangierte und dem fastnachtslosen Jahr 2021 ein wenig von seiner Tristesse nahm, zeigt eindrucksvoll, wie tief die fastnächtlichen Traditionen in den Herzen der Menschen verwurzelt sind. Fastnacht ist ein Stück Heimat, das auch unter schwierigen Bedingungen nichts von seiner Lebendigkeit verliert.

Screenshot aus dem Video: Hausacher Coronasonntagsspaziergang 2021, Video: Freie Narrenzunft Hausach e. V., Idee und Gestaltung: Marco Schwab

A bissle isch besser als nix

Hausacher Coronasonntagsspaziergang 2021, Video: Freie Narrenzunft Hausach e. V., Idee und Gestaltung: Marco Schwab

Narrenmarsch im Vatikan

Screenshot aus dem Video: Die Schantlekapelle Oberndorf in der ausgefallenen Fasnet 2021, Video: Schantlekapelle Oberndorf unter Verwendung von Fernseh-Ausschnitten von SWR und BR, Idee und Gestaltung: Janik Hollaender

Ein wahres Kabinettstück virtuellen Fastnachtsersatzes lieferte die Schantlekapelle Oberndorf, die mit ihrem musikalischen Repertoire einen festen Bestandteil der dortigen Fastnacht bildet. Ein parodistisch begabter Kopf der Gruppe synchronisierte Ausschnitte aus diversen Fernsehsendungen neu und unterlegte sie mit fasnetsbezogenen Texten. Höhepunkt des Videoclips ist ganz am Ende ein angeblicher Besuch der Schantlekapelle Oberndorf beim emeritierten Papst Benedikt XVI. im Vatikan. Dabei lässt der Filmbearbeiter den großen Theologen Ratzinger den Oberndorfer Narrenmarsch in lateinischer Sprache mitsingen. „O jerum, die Fasnet hot a Loch“ heißt dann: „O jerum, carnevalis habet lacunam.“ Und der im Narrenmarschtext anklingende finanzielle Offenbarungseid „hot koin Kreizer Geld em Sack“ wird im Munde des Papa Emeritus zu „non habet sestertiam in sacco suo“. Die Schantlekapelle Oberndorf war also an der Coronafasnet 2021 mit ihrem Latein noch lange nicht am Ende…

Narrenmarsch im Vatikan

Ein wahres Kabinettstück virtuellen Fastnachtsersatzes lieferte die Schantlekapelle Oberndorf, die mit ihrem musikalischen Repertoire einen festen Bestandteil der dortigen Fastnacht bildet. Ein parodistisch begabter Kopf der Gruppe synchronisierte Ausschnitte aus diversen Fernsehsendungen neu und unterlegte sie mit fasnetsbezogenen Texten. Höhepunkt des Videoclips ist ganz am Ende ein angeblicher Besuch der Schantlekapelle Oberndorf beim emeritierten Papst Benedikt XVI. im Vatikan. Dabei lässt der Filmbearbeiter den großen Theologen Ratzinger den Oberndorfer Narrenmarsch in lateinischer Sprache mitsingen. „O jerum, die Fasnet hot a Loch“ heißt dann: „O jerum, carnevalis habet lacunam.“ Und der im Narrenmarschtext anklingende finanzielle Offenbarungseid „hot koin Kreizer Geld em Sack“ wird im Munde des Papa Emeritus zu „non habet sestertiam in sacco suo“. Die Schantlekapelle Oberndorf war also an der Coronafasnet 2021 mit ihrem Latein noch lange nicht am Ende…

Screenshot aus dem Video: Die Schantlekapelle Oberndorf in der ausgefallenen Fasnet 2021, Video: Schantlekapelle Oberndorf unter Verwendung von Fernseh-Ausschnitten von SWR und BR, Idee und Gestaltung: Janik Hollaender

Narrenmarsch im Vatikan

Die Schantlekapelle Oberndorf in der ausgefallenen Fasnet 2021, Video: Schantlekapelle Oberndorf unter Verwendung von Fernseh-Ausschnitten von SWR und BR, Idee und Gestaltung: Janik Hollaender

Virtuelles Musizieren

Screenshot aus dem Video: Virtueller Rottweiler Narrenmarsch 2021 mit 90 Mitwirkenden, Video: Hak Design Studio Rottweil, Aufbereitung und filmische Realisierung: Marie Hak

Da an der Corona-Fastnacht 2021 durch das Begegnungsverbot größerer Menschengruppen auch die Zusammenkunft von Blasorchestern unmöglich war, suchten Musikerinnen und Musiker andere Wege, gemeinsam fastnächtlich zu musizieren. Sie trafen sich virtuell und spielten in oft größerer Besetzung als der üblichen Orchesterstärke ihren jeweiligen Narrenmarsch ein. In Rottweil fanden sich auf diese Weise nicht weniger als 90 Mitwirkende zusammen. Das Ergebnis ihres kostümierten gemeinsamen Spiels wurde den daheimgebliebenen Fastnachtern dann in einem Livestream in die Häuser gebracht, den am Fastnachtsmontag um 8 Uhr, in Normaljahren dem Startzeitpunkt des Narrensprungs, nicht weniger als rund 17 000 Einheimische und Zuschauer in aller Welt sahen. So hat die ausgefallene Fastnacht 2021 auf eindrucksvolle Weise die Kraft und Lebendigkeit des Kulturguts Fastnacht gezeigt, das für den psychischen Haushalt der Menschen offenbar auch und gerade in schwierigen Zeiten von großer Bedeutung ist.

Virtuelles Musizieren

Da an der Corona-Fastnacht 2021 durch das Begegnungsverbot größerer Menschengruppen auch die Zusammenkunft von Blasorchestern unmöglich war, suchten Musikerinnen und Musiker andere Wege, gemeinsam fastnächtlich zu musizieren. Sie trafen sich virtuell und spielten in oft größerer Besetzung als der üblichen Orchesterstärke ihren jeweiligen Narrenmarsch ein. In Rottweil fanden sich auf diese Weise nicht weniger als 90 Mitwirkende zusammen. Das Ergebnis ihres kostümierten gemeinsamen Spiels wurde den daheimgebliebenen Fastnachtern dann in einem Livestream in die Häuser gebracht, den am Fastnachtsmontag um 8 Uhr, in Normaljahren dem Startzeitpunkt des Narrensprungs, nicht weniger als rund 17 000 Einheimische und Zuschauer in aller Welt sahen. So hat die ausgefallene Fastnacht 2021 auf eindrucksvolle Weise die Kraft und Lebendigkeit des Kulturguts Fastnacht gezeigt, das für den psychischen Haushalt der Menschen offenbar auch und gerade in schwierigen Zeiten von großer Bedeutung ist.

Screenshot aus dem Video: Virtueller Rottweiler Narrenmarsch 2021 mit 90 Mitwirkenden, Video: Hak Design Studio Rottweil, Aufbereitung und filmische Realisierung: Marie Hak

Virtuelles Musizieren

Virtueller Rottweiler Narrenmarsch 2021 mit 90 Mitwirkenden, Video: Hak Design Studio Rottweil, Aufbereitung und filmische Realisierung: Marie Hak

Fastnachtsklänge auf der Orgel

Screenshot aus dem Video: Überlinger Narrenmarsch als Orgelimprovisation 2021, an der Orgel des Nikolausmünsters: Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau, Video: Jürgen Gundelsweiler unter Mitwirkung von Heiko Grebing

Ein besonderes Genre, das sich in der Coronafastnacht 2021 entwickelte, waren beeindruckende Interpretationen von Narrenmärschen auf Kirchenorgeln. Zwar ist es vielerorts schon lange üblich, den Gottesdienst am Fastnachtssonntag mit dem lokalen Narrenmarsch auf der Orgel zu beenden, aber die künstlerische Qualität der einschlägigen Klangereignisse, wie sie 2021 entstanden, bewegte sich auf einem bis dahin nicht gekannten Niveau. Eines der Glanzstücke waren hier etwa die Variationen des Überlinger Narrenmarsches durch Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau auf der Orgel des Nikolausmünsters, optisch in Szene gesetzt von Jürgen Gundelsweiler. Derartige Ausdrucksformen fastnächtlichen Empfindens nahmen beinahe liturgischen Charakter an und erzeugten Gänsehaut.
2021 war somit eine in doppelter Hinsicht ausgefallene Fastnacht: ausgefallen im Sinne von nicht stattgefunden, ausgefallen aber auch im Sinne von ungewöhnlich.

Fastnachtsklänge auf der Orgel

Ein besonderes Genre, das sich in der Coronafastnacht 2021 entwickelte, waren beeindruckende Interpretationen von Narrenmärschen auf Kirchenorgeln. Zwar ist es vielerorts schon lange üblich, den Gottesdienst am Fastnachtssonntag mit dem lokalen Narrenmarsch auf der Orgel zu beenden, aber die künstlerische Qualität der einschlägigen Klangereignisse, wie sie 2021 entstanden, bewegte sich auf einem bis dahin nicht gekannten Niveau. Eines der Glanzstücke waren hier etwa die Variationen des Überlinger Narrenmarsches durch Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau auf der Orgel des Nikolausmünsters, optisch in Szene gesetzt von Jürgen Gundelsweiler. Derartige Ausdrucksformen fastnächtlichen Empfindens nahmen beinahe liturgischen Charakter an und erzeugten Gänsehaut.
2021 war somit eine in doppelter Hinsicht ausgefallene Fastnacht: ausgefallen im Sinne von nicht stattgefunden, ausgefallen aber auch im Sinne von ungewöhnlich.

Screenshot aus dem Video: Überlinger Narrenmarsch als Orgelimprovisation 2021, an der Orgel des Nikolausmünsters: Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau, Video: Jürgen Gundelsweiler unter Mitwirkung von Heiko Grebing

Fastnachtsklänge auf der Orgel

Überlinger Narrenmarsch als Orgelimprovisation 2021, an der Orgel des Nikolausmünsters: Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau, Video: Jürgen Gundelsweiler unter Mitwirkung von Heiko Grebing

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