Bräuche und Rituale
Abstauben an Dreikönig
Aus den zahlreichen Bräuchen und Ritualen der närrischen Tage können hier nur einige beispielhaft herausgegriffen werden. Den Auftakt der schwäbisch-alemannischen Fastnacht bildet am 6. Januar das Fest der heiligen drei Könige. An diesem Tag, mit dem die Weihnachtszeit im engeren Sinne endet, findet in einer Reihe von Fastnachtsorten das sogenannte „Abstauben“ statt. Dabei besuchen, wie etwa in Rottweil, schwarzbefrackte Herren mit Zylinder und einem kleinen Bürstchen oder Staubwedel meist in Zweiergruppen diejenigen Häuser, in denen Narrenkleider und Larven verwahrt werden. Diese übers Jahr weggeschlossenen Utensilien werden dann aus ihren Kisten und Truhen geholt, meist sogar ostentativ in der Weihnachtsstube neben den schon nadelnden Christbaum gelegt und von den beiden Besuchern unter allerlei lustigen Sprüchen symbolisch vom Staub der vergangenen Monate befreit, damit sie für die kommende Fasnet einsatzbereit sind.
Abstauber an Dreikönig, Foto: Werner Mezger
Aufstellen des Narrenbaums am Schmutzigen Dunschtig in Stockach, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Narrenbaumstellen
Der Schmotzige Donnerstag oder Schmutzige Dunschtig, mit dem die sechstägige Kernphase der Fastnacht beginnt, ist derjenige Tag, an dem vor allem im Hegau-Bodensee-Gebiet die Narrenbäume gestellt werden. Sie sind weithin sichtbare Zeichen der Machtübernahme durch die Narren. Den größten Baum zu haben, nimmt die Zimmerergilde in Stockach für sich in Anspruch. Selbstbewusst bezeichnen ihn die Einheimischen als „Stammbaum aller Narren“. Seine überragende Höhe verdankt er der Tatsache, dass er eigentlich aus zwei entasteten Baumstämmen zusammengesetzt ist. Nur ganz oben auf der Spitze werden ein paar Wipfeläste belassen, die den mit Schweinsblasen behängten „Dolden“ bilden. Der Stockacher Narrenbaum wird übrigens nicht wie die meisten anderen am Fastnachtsende umgelegt, sondern er fällt erst drei Wochen vor Ostern in der Frühe des Sonntags Laetare.
Aufstellen des Narrenbaums am Schmutzigen Dunschtig in Stockach, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Narrenbaumstellen
Der Schmotzige Donnerstag oder Schmutzige Dunschtig, mit dem die sechstägige Kernphase der Fastnacht beginnt, ist derjenige Tag, an dem vor allem im Hegau-Bodensee-Gebiet die Narrenbäume gestellt werden. Sie sind weithin sichtbare Zeichen der Machtübernahme durch die Narren. Den größten Baum zu haben, nimmt die Zimmerergilde in Stockach für sich in Anspruch. Selbstbewusst bezeichnen ihn die Einheimischen als „Stammbaum aller Narren“. Seine überragende Höhe verdankt er der Tatsache, dass er eigentlich aus zwei entasteten Baumstämmen zusammengesetzt ist. Nur ganz oben auf der Spitze werden ein paar Wipfeläste belassen, die den mit Schweinsblasen behängten „Dolden“ bilden. Der Stockacher Narrenbaum wird übrigens nicht wie die meisten anderen am Fastnachtsende umgelegt, sondern er fällt erst drei Wochen vor Ostern in der Frühe des Sonntags Laetare.
Aufstellen des Narrenbaums am Schmutzigen Dunschtig in Stockach, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Hemdglunkerumzug
Meist am Morgen oder auch am Abend des Schmutzigen Dunschtig gehen in vielen Fastnachtshochburgen die Hemdglonker um. Mehrere hundert, in manchen Orten sogar 2000 bis 3000 Akteure ziehen dabei in weißen Nachthemden mit Schlafkappen auf dem Kopf und zuweilen auch mit mehlgeweißten Gesichtern durch die dunklen Straßen. Dabei machen sie mit unterschiedlichsten Geräuschquellen, die von geriffelten Waschbrettern bis zu kastagnettenartigen Kläpperle reichen können, einen ohrenbetäubenden, mehr oder weniger rhythmisierten Lärm. Die Hemdglonker mit ihrer öffentlich getragenen Nachtkleidung sind Ausdruck der verkehrten Welt und haben überwiegend die Aufgabe, die Fasnet zu wecken oder zu begrüßen. Den wohl größten Hemdglonkerumzug im schwäbisch-alemannischen Raum, bei dem allerdings das klassische Bild der Nachthemd-Narren mit Schlafkappe bereits durch allerlei Zusätze erweitert wird, gibt es am Abend des Schmutzigen Dunschtig in Konstanz.
Hemdglunkerumzug am Schmutzigen Dunschtig in Konstanz, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Hemdglunkerumzug
Meist am Morgen oder auch am Abend des Schmutzigen Dunschtig gehen in vielen Fastnachtshochburgen die Hemdglonker um. Mehrere hundert, in manchen Orten sogar 2000 bis 3000 Akteure ziehen dabei in weißen Nachthemden mit Schlafkappen auf dem Kopf und zuweilen auch mit mehlgeweißten Gesichtern durch die dunklen Straßen. Dabei machen sie mit unterschiedlichsten Geräuschquellen, die von geriffelten Waschbrettern bis zu kastagnettenartigen Kläpperle reichen können, einen ohrenbetäubenden, mehr oder weniger rhythmisierten Lärm. Die Hemdglonker mit ihrer öffentlich getragenen Nachtkleidung sind Ausdruck der verkehrten Welt und haben überwiegend die Aufgabe, die Fasnet zu wecken oder zu begrüßen. Den wohl größten Hemdglonkerumzug im schwäbisch-alemannischen Raum, bei dem allerdings das klassische Bild der Nachthemd-Narren mit Schlafkappe bereits durch allerlei Zusätze erweitert wird, gibt es am Abend des Schmutzigen Dunschtig in Konstanz.
Hemdglunkerumzug am Schmutzigen Dunschtig in Konstanz, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Narrensprung
Die seit Jahrhunderten klassische Form närrischer Selbstrepräsentation ist der Umzug. Er hat sein Urbild letztlich im römischen Triumphzug, aus dem übrigens auch die christlichen Prozessionen erwachsen sind. Eben diese wiederum waren es, als deren närrische Kontrafaktur sich die Fastnachtsumzüge verstanden. Eines der spektakulärsten Umzugsereignisse bereits des 15. Jahrhunderts war der Schembartlauf in Nürnberg, bei dem wie auch in den Prozessionen eine strenge Auftrittsreihenfolge der Akteure galt, in der genau festgelegt war, wer wem den Vortritt zu lassen habe. Ohne wenigstens einen oder meist mehrere Umzüge kommt heute so gut wie keine schwäbisch-alemannische Fastnacht aus. Eine der bekanntesten Umzugsveranstaltungen, die auch durch die Schönheit der Stadtkulisse beeindruckt, ist der Narrensprung in Rottweil: Hier sein Beginn am Schwarzen Tor in einem Foto der 1950er-Jahre.
Narrensprung in Rottweil Ende der 1950er-Jahre – Foto: Stadtarchiv Rottweil
Narrensprung
Die seit Jahrhunderten klassische Form närrischer Selbstrepräsentation ist der Umzug. Er hat sein Urbild letztlich im römischen Triumphzug, aus dem übrigens auch die christlichen Prozessionen erwachsen sind. Eben diese wiederum waren es, als deren närrische Kontrafaktur sich die Fastnachtsumzüge verstanden. Eines der spektakulärsten Umzugsereignisse bereits des 15. Jahrhunderts war der Schembartlauf in Nürnberg, bei dem wie auch in den Prozessionen eine strenge Auftrittsreihenfolge der Akteure galt, in der genau festgelegt war, wer wem den Vortritt zu lassen habe. Ohne wenigstens einen oder meist mehrere Umzüge kommt heute so gut wie keine schwäbisch-alemannische Fastnacht aus. Eine der bekanntesten Umzugsveranstaltungen, die auch durch die Schönheit der Stadtkulisse beeindruckt, ist der Narrensprung in Rottweil: Hier sein Beginn am Schwarzen Tor in einem Foto der 1950er-Jahre.
Narrensprung in Rottweil Ende der 1950er-Jahre – Foto: Stadtarchiv Rottweil
Närrische Freigiebigkeit
Zu den ritualisierten Verhaltensformen vieler Narren gehört auch das Verteilen von Gebäck, Würsten oder Süßigkeiten an die Zuschauer. Die Schenkpraxis der südwestdeutschen Hästräger ist freilich nicht mit der überwältigenden Freigiebigkeit der Jecken des Rheinlands zu vergleichen, wo bei den Rosenmontagszügen tonnenweise Kamellen ausgeworfen werden. Für schwäbische Verhältnisse mit am großzügigsten zeigen sich die Narren von Oberndorf am Neckar, auf deren hölzernen Stangen sich die Brezeln türmen. Dass die Brezel ursprünglich gar keine Fastnachtsspeise war, sondern ein Devotionalgebäck, dass man am Beginn der Fastenzeit oder an wichtigen Kalendereinschnitten wie etwa an Neujahr verzehrte, ist heute vergessen.
Narro aus Oberndorf mit Brezelstange, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Wahrheiten aus Narrenmund
Zur Ausübung des närrischen Rügerechts bietet die Vollmaskierung ganz besondere Möglichkeiten: Ohne die eigene Identität preiszugeben, verwickeln die vermummten Narren ausgewählte Zuschauer in ein Gespräch und thematisieren dabei lustige Begebenheiten oder Missgeschicke des zurückliegenden Jahres – vorzugsweise solche, an denen die Angesprochenen selbst beteiligt waren. In Rottweil werden derartige „Narrenstückle“ sogar in Bücher gemalt und dann entsprechend kommentiert. Je nach Ort oder Region hat das Dialogisieren zwischen Verlarvten und Unverlarvten verschiedene Namen. Am oberen Neckar heißt es „Aufsagen“, in Schömberg „Welschen“, im Schwarzwald “Strählen“ oder „Schnurren“ und in Basel „Intrigieren“. Inhaltlich geht es in diesen sehr individuellen Gesprächsformen naturgemäß meist um Privates oder allenfalls um Lokales. Große Politik, wie sie etwa von den Motivwagen des Rheinlands aufgegriffen wird, ist in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht kein Thema. Die Reichweite närrischen Spotts hängt also entscheidend von der jeweiligen Kommunikationssituation ab.
Aufsagen in Rottweil, Foto: Ralf Siegele
Wahrheiten aus Narrenmund
Zur Ausübung des närrischen Rügerechts bietet die Vollmaskierung ganz besondere Möglichkeiten: Ohne die eigene Identität preiszugeben, verwickeln die vermummten Narren ausgewählte Zuschauer in ein Gespräch und thematisieren dabei lustige Begebenheiten oder Missgeschicke des zurückliegenden Jahres – vorzugsweise solche, an denen die Angesprochenen selbst beteiligt waren. In Rottweil werden derartige „Narrenstückle“ sogar in Bücher gemalt und dann entsprechend kommentiert. Je nach Ort oder Region hat das Dialogisieren zwischen Verlarvten und Unverlarvten verschiedene Namen. Am oberen Neckar heißt es „Aufsagen“, in Schömberg „Welschen“, im Schwarzwald “Strählen“ oder „Schnurren“ und in Basel „Intrigieren“. Inhaltlich geht es in diesen sehr individuellen Gesprächsformen naturgemäß meist um Privates oder allenfalls um Lokales. Große Politik, wie sie etwa von den Motivwagen des Rheinlands aufgegriffen wird, ist in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht kein Thema. Die Reichweite närrischen Spotts hängt also entscheidend von der jeweiligen Kommunikationssituation ab.
Aufsagen in Rottweil, Foto: Ralf Siegele
Rügebrauch in Coupletform
Ein närrischer Rügebrauch, der im Vergleich zur Kleinform des Strählens oder Schnurrens schon auf eine deutlich größere Öffentlichkeit zielt, ist der sogenannte „Sagt er“ in Mühlheim an der Donau. Dabei scharen sich am Fastnachtsmontagmorgen Männer in weißen Müllerhemden kreisförmig um einen Vorsänger und besingen in Coupletform komische Vorkommnisse aus dem Städtle, die sich in den vergangenen zwölf Monaten zugetragen haben. Die Darbietungsart, die nach einem Berliner Vorbild entwickelt wurde, mündet am Ende jeder Strophe in eine Standardformel, die den Wahrheitsgehalt des Besungenen wieder relativiert: „Sagt er“. Das ist letztlich das lateinische „Dicitur – so wird’s berichtet“. Mit anderen Worten: Was man von dem närrischen Singsang glauben will und was nicht, darf jeder für sich selbst entscheiden.
„Sagt er“ in Mühlheim an der Donau, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Das Stockacher Narrengericht
Spektakuläre Rügebräuche, bei denen das öffentliche Forum bereits Teil der Institution selbst ist, sind die historischen Narrengerichte. Als derzeit bekanntestes darf sicher dasjenige von Stockach gelten, dessen Träger sich auf den Hofnarren Hans Kuony von Stocken aus dem 14. Jahrhundert zurückführen. Nach wechselvoller Geschichte zitiert das „grobgünstige“ närrische Rechtssprechungsorgan heute vorzugsweise Prominente aus der hohen Politik vor seine Schranken, die sich das Jahr über irgendwelche Torheiten geleistet haben. Der Prozessverlauf kennt eine feste Rollenverteilung. Zunächst wird der Beklagte von einem Kläger beschuldigt und danach von einem Fürsprech verteidigt. Erst dann folgt die von allen mit Spannung erwartete eigene Verteidigungsrede des oder der Beklagten. Egal wie fadenscheinig oder überzeugend letztere ist – einer Strafe entgeht in Stockach niemand: Das Strafmaß ist in erheblichen Mengen Weins zu begleichen, der an das Narrengericht abliefert werden muss.
Grobgünstiges Narrengericht in Stockach, Foto: Wikipedia (CC)
Das Stockacher Narrengericht
Spektakuläre Rügebräuche, bei denen das öffentliche Forum bereits Teil der Institution selbst ist, sind die historischen Narrengerichte. Als derzeit bekanntestes darf sicher dasjenige von Stockach gelten, dessen Träger sich auf den Hofnarren Hans Kuony von Stocken aus dem 14. Jahrhundert zurückführen. Nach wechselvoller Geschichte zitiert das „grobgünstige“ närrische Rechtssprechungsorgan heute vorzugsweise Prominente aus der hohen Politik vor seine Schranken, die sich das Jahr über irgendwelche Torheiten geleistet haben. Der Prozessverlauf kennt eine feste Rollenverteilung. Zunächst wird der Beklagte von einem Kläger beschuldigt und danach von einem Fürsprech verteidigt. Erst dann folgt die von allen mit Spannung erwartete eigene Verteidigungsrede des oder der Beklagten. Egal wie fadenscheinig oder überzeugend letztere ist – einer Strafe entgeht in Stockach niemand: Das Strafmaß ist in erheblichen Mengen Weins zu begleichen, der an das Narrengericht abliefert werden muss.
Grobgünstiges Narrengericht in Stockach, Foto: Wikipedia (CC)
Das Grosselfinger Narrengericht
Nicht ganz so medienbekannt wie das Stockacher Narrengericht, dafür aber der am besten durch urkundliche Belege dokumentierte Fastnachtsbrauch im gesamten deutschen Sprachraum ist das bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgende „ehrsame“ Narrengericht von Grosselfingen. Wenn das Gericht stattfindet, was nur alle paar Jahre geschieht, verwandelt sich das Dorf am Fuß der Burg Hohenzollern für die Dauer des Spiels ins „Venezianische Reich“. Parallel zu den Gerichtsverhandlungen vollzieht sich unter Beteiligung von rund 300 männlichen Einwohnern mit genau festgelegten Rollen ein komplexes Spiel, dessen Handlungselemente zum Teil sogar simultan ablaufen. Die hohen „Chargen“, d. h. die Inhaber herausragender Rollen, tragen auf ihren Kappen die Buchstabenfolge „H.v.V.“ für „Herren von Venedig“. Das ehrsame Narrengericht von Grosselfingen ist ein letztes noch erhaltenes Zeugnis jener „Narrenreiche“, wie sie in der frühen Neuzeit vielerorts über die Fastnachtstage als utopische Herrschaftsgebilde errichtet wurden.
Ehrsames Narrengericht in Grosselfingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Das Grosselfinger Narrengericht
Nicht ganz so medienbekannt wie das Stockacher Narrengericht, dafür aber der am besten durch urkundliche Belege dokumentierte Fastnachtsbrauch im gesamten deutschen Sprachraum ist das bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgende „ehrsame“ Narrengericht von Grosselfingen. Wenn das Gericht stattfindet, was nur alle paar Jahre geschieht, verwandelt sich das Dorf am Fuß der Burg Hohenzollern für die Dauer des Spiels ins „Venezianische Reich“. Parallel zu den Gerichtsverhandlungen vollzieht sich unter Beteiligung von rund 300 männlichen Einwohnern mit genau festgelegten Rollen ein komplexes Spiel, dessen Handlungselemente zum Teil sogar simultan ablaufen. Die hohen „Chargen“, d. h. die Inhaber herausragender Rollen, tragen auf ihren Kappen die Buchstabenfolge „H.v.V.“ für „Herren von Venedig“. Das ehrsame Narrengericht von Grosselfingen ist ein letztes noch erhaltenes Zeugnis jener „Narrenreiche“, wie sie in der frühen Neuzeit vielerorts über die Fastnachtstage als utopische Herrschaftsgebilde errichtet wurden.
Ehrsames Narrengericht in Grosselfingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Pflugziehen
Ursprünglich auch aus einem Rüge- und Spottbrauch hervorgegangen ist das Pflugziehen in Fridingen. In dem kleinen Städtchen an der Donau laufen alle Narren an einem langen Seil, an dessen Ende ein Pflug hängt, geführt vom einem bäuerlich gekleideten Ackermann, dem sogenannten „Pflugheber“. Unmittelbar vor und neben ihm streuen Sämänner statt Körnern Spreu auf die Straße – eine Saat also, die nie aufgehen wird. Dem Pflug folgt eine Egge, und den Schluss des Zuges bilden die „alten Weiber“ mit ihren Harken, schwäbisch „Hacken“, die quasi für den letzten Schritt der absurden Feldarbeit sorgen. Mit dem Pflugziehen und der Aussaat von Spreu wurden in früheren Jahrhunderten die ledig gebliebenen Frauen verspottet, von denen man sagte, für sie müssten, da sie keine Partner gefunden hätten, erst noch Männer gesät werden. Heute ist diese verächtliche Bedeutung des früher weit verbreiteten Rituals zum Glück vergessen.
Pflugziehen in Fridingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Pflugziehen
Ursprünglich auch aus einem Rüge- und Spottbrauch hervorgegangen ist das Pflugziehen in Fridingen. In dem kleinen Städtchen an der Donau laufen alle Narren an einem langen Seil, an dessen Ende ein Pflug hängt, geführt vom einem bäuerlich gekleideten Ackermann, dem sogenannten „Pflugheber“. Unmittelbar vor und neben ihm streuen Sämänner statt Körnern Spreu auf die Straße – eine Saat also, die nie aufgehen wird. Dem Pflug folgt eine Egge, und den Schluss des Zuges bilden die „alten Weiber“ mit ihren Harken, schwäbisch „Hacken“, die quasi für den letzten Schritt der absurden Feldarbeit sorgen. Mit dem Pflugziehen und der Aussaat von Spreu wurden in früheren Jahrhunderten die ledig gebliebenen Frauen verspottet, von denen man sagte, für sie müssten, da sie keine Partner gefunden hätten, erst noch Männer gesät werden. Heute ist diese verächtliche Bedeutung des früher weit verbreiteten Rituals zum Glück vergessen.
Pflugziehen in Fridingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Altweibermühle
Ein unter Genderaspekten seiner ursprünglichen Idee nach ebenfalls nicht unproblematischer Brauch ist die Altweibermühle. Analog zur Getreidemühle, die aus Korn Mehl macht, entwickelte sich in das Phantasiebild der Jungmühle, in der beim Mahlvorgang alte Menschen wieder jugendlich werden. Neben der Altweibermühle gab es freilich auch schon früh deren Gegenstück: die Altmännermühle. Als szenische Darstellung aber hat sich nur das auf Frauen bezogene Verjüngungsspektakel durchgesetzt. Die Wolfacher Altweibermühle, die alle fünf Jahre am Schellenmentig (Fastnachtsmontag) zur Aufführung kommt, geht auf ein Fastnachtspiel des fürstlich fürstenbergischen Schulvisitators Georg Anton Bredelin von 1787 zurück. Die Opfer, die heute in den Mahltrichter gesteckt werden, sind die Wolfacher Fastnachtshexen, die dort „Rungunkeln“ heißen. In dieser klamaukhaften Verfremdung wird der Brauch auch nicht mehr als frauenfeindlich gesehen.
Altweibermühle in Wolfach, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Altweibermühle
Ein unter Genderaspekten seiner ursprünglichen Idee nach ebenfalls nicht unproblematischer Brauch ist die Altweibermühle. Analog zur Getreidemühle, die aus Korn Mehl macht, entwickelte sich in das Phantasiebild der Jungmühle, in der beim Mahlvorgang alte Menschen wieder jugendlich werden. Neben der Altweibermühle gab es freilich auch schon früh deren Gegenstück: die Altmännermühle. Als szenische Darstellung aber hat sich nur das auf Frauen bezogene Verjüngungsspektakel durchgesetzt. Die Wolfacher Altweibermühle, die alle fünf Jahre am Schellenmentig (Fastnachtsmontag) zur Aufführung kommt, geht auf ein Fastnachtspiel des fürstlich fürstenbergischen Schulvisitators Georg Anton Bredelin von 1787 zurück. Die Opfer, die heute in den Mahltrichter gesteckt werden, sind die Wolfacher Fastnachtshexen, die dort „Rungunkeln“ heißen. In dieser klamaukhaften Verfremdung wird der Brauch auch nicht mehr als frauenfeindlich gesehen.
Altweibermühle in Wolfach, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Brunnensprung
Einer der klassischen Endbräuche der Fastnacht war früher der Sprung eines oder mehrerer junger Männer ins kalte Wasser eines Brunnens, womit das Ertränken bzw. der Untergang der Narrheit versinnbildlicht und wohl auch zugleich eine Art Reinigungsritual vollzogen werden sollte. Wegen der Gefährlichkeit dieser Brauchübung – es gab Herzstillstände und Tote dabei – wurden die Brunnensprünge nach und nach verboten. Lediglich in Munderkingen hat sich das nasskalte Spektakel noch bis heute erhalten, allerdings nicht mehr als Finale, sondern als Kernstück der Fastnacht. Jahr für Jahr springen dort zwei junge Männer nach umständlichen Vorbereitungsritualen vom Auslosen der Hauptakteure bis hin zum Aufrühren des Wassers durch die sogenannten „Maischer“ kopfüber in den Brunnen. Kaum aufgetaucht klettern sie erneut auf den Brunnenrand und wiederholen die kühne Aktion noch zwei weitere Male. Wenn sie dem kühlen Nass nach dem dritten Sprung endgültig entsteigen, ist es ihnen erlaubt, alle Mädchen, die sich um den Brunnen versammelt haben, zu küssen.
Brunnensprung in Munderkingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Verbrennen der Fastnacht
Ein noch heute weit verbreitetes Abschiedszeremoniell von den närrischen Tagen ist das nächtliche Verbrennen der Fastnacht unmittelbar vor dem Anbruch des Aschermittwochs. Es kann sich auf verschiedene Weise vollziehen. Meist geht dabei eine Strohpuppe in Flammen auf, die als Personifikation der Narreteien der vergangenen Tage dient. In Bad Säckingen heißt die im Feuer endende Strohgestalt auf alemannisch „Böög“. Wenn dieser Popanz zu Asche verbrannt ist, ziehen dort die „Hüüler“, die Heuler also, in weißen Nachthemden laut jammend durch alle Gassen und Winkel, um die verschwundene Fastnacht laut zu beklagen. Ein sinnfälliges Beispiel für Laienkatechese ist der in Italien vielerorts übliche Brauch, den Gläubigen am Aschermittwoch in der Kirche mit der Asche des am Abend zuvor verbrannten Don Carnevale das Aschenkreuz aufzulegen.
Verbrennen des Böög in Bad Säckingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de