Paradiesvögel der Fastnacht

Paradiesvögel der Fastnacht

 

Vogelmenschen ‒ anthropomorphe Mischwesen ‒ bevölkern die menschliche Vorstellungswelt seit Jahrtausenden. Die schwäbisch-alemannische Fastnacht hat neben den wohlbekannten Figuren wie dem Hahn (Guller) und dem Storch regelrechte Paradiesvögel in ihrem Repertoire, die einen genaueren Blick lohnen.

Eine Einzelfigur mit langer Tradition ist der Triberger Federeschnabel. Einer Überlieferung zufolge ist er als Anspielung auf die ungeliebte Abgabe der Fastnachtshühner entstanden. Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war die Figur in einem mit Hühnerfedern besetzten Gewand, mit einer blechernen Raubvogelmaske und einem Schellenriemen an der Fastnacht unterwegs. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde das Kostüm von den Absolventen der Volksschulabschlussklasse während der Katzenmusik am Schmutzigen Dunschdig und beim Narrentreiben am Fastnachtssamstag getragen. 1929, im Jahr nach der Gründung der Narrenzunft Triberg, spendierte die Firma Karl Griesbaum, die sich auf Musikautomaten mit Singvogelimitationen spezialisiert hatte, dem Vogel ein farbenprächtiges Kostüm aus Kolibrifedern. Heute ist das Häs mit bunten Federbüscheln in den Farben Gelb, Rot und Blau besetzt. 1952 schnitzte der Villinger Holzbildhauer Manfred Merz nach dem musealen Original eine weitere Holzmaske. Von den derzeit fünf Exemplaren des Federeschnabels ist jedoch nur eine Figur während der Fastnacht aktiv.

Der Vogelnarr der Narrenzunft Henkerhaus aus dem oberschwäbischen Baienfurt ist eine Neuschöpfung der Nachkriegszeit. Als Symbol für den nahenden Frühling wurde der Vogel im Jahr 1962 zusammen mit dem Blumennarren, einem klassischen Weißnarren, kreiert. Beide Masken entstanden nach einem Entwurf des Künstlers Martin Arnold aus Weingarten. Der Vogelnarr ist eine Kombination aus Tiermaske und bäuerlicher Kleidung. Zur stilisierten bunten Maske mit Kopfputz und Federumhang wurden ursprünglich ein blauer, mit Vogelmotiven bestickter Kittel, helle Kniehosen und rote Strümpfe getragen. 1971 modernisierte Jürgen Hohl, engagierter Narr und Brauchpfleger aus Weingarten, das Häs. Heute präsentiert sich der Vogel in einer bestickten blauen Kniehose und gelben Strümpfen sowie mit einem Schellengürtel.

2020-06-16T18:23:27+02:0016. Juni 2020|

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