Narren als lebende Bilder
Weißnarren als wandelnde Kunstwerke
Die eindrucksvollsten Erscheinungen unter den traditionellen Maskenfiguren der schwäbisch-alemannisches Fasnet sind die sogenannten Weißnarren mit ihren bemalten Leinengewändern. Sie dürfen europaweit als einzigartig gelten und werden durch die gestalterische Fertigkeit und Phantasie spezieller Maler förmlich zu wandelnden Bilderbüchern. Ihr hauptsächliches Verbreitungsgebiet liegt rund um den Ursprung der Donau in der Landschaft Baar. Aber auch am oberen Neckar, im Süden der schwäbischen Alb und im Donautal, im nördlichen Hegau und vereinzelt in Oberschwaben sind sie zu finden. Je nach lokaler Tradition sind die Bildmotive auf ihrem leinenen Gewand, alemannisch »Häs«, durch einen vorgegebenen Motivrahmen genau festgelegt oder auch freier gestaltbar. Die Entwicklung der Häsmalerei, die in ihren heutigen Formen mindestens bis ins 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist, lässt sich recht gut rekonstruieren.
Weißnarr in bemaltem Narrenkleid Villinger Narro, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Narrentracht in Eselsgrau
Die Standardnarren des späten Mittelalters hatten keine ornamental oder gar figürlich geschmückten Gewänder. Selbst wenn sie als Hofnarren agierten, war ihre Kleidung schmucklos. Gewandverzierungen etwa mit Wappen oder Blüten blieben ausschließlich dem Adel vorbehalten. Die Narren trugen einfache hüft- oder knielange Kittel mit einer kugelförmigen Kapuze, an der die typischen Eselsohren befestigt waren, dazu enganliegende Beinkleider und meist Schnabelschuhe.
Die Farbgebung der Narrentracht konnte durchgängig grau oder bräunlich sein, eben nach dem Vorbild des Esels als Ausdruck von Einfalt und Starrsinn.
Mittelalterlicher Standardnarr in Grau, Porträt eines Narren, Gemälde aus dem Umfeld von Pieter Aertsen, Niederlande, um 1550, Privatbesitz
Narrentracht in Eselsgrau
Die Standardnarren des späten Mittelalters hatten keine ornamental oder gar figürlich geschmückten Gewänder. Selbst wenn sie als Hofnarren agierten, war ihre Kleidung schmucklos. Gewandverzierungen etwa mit Wappen oder Blüten blieben ausschließlich dem Adel vorbehalten. Die Narren trugen einfache hüft- oder knielange Kittel mit einer kugelförmigen Kapuze, an der die typischen Eselsohren befestigt waren, dazu enganliegende Beinkleider und meist Schnabelschuhe.
Die Farbgebung der Narrentracht konnte durchgängig grau oder bräunlich sein, eben nach dem Vorbild des Esels als Ausdruck von Einfalt und Starrsinn.
Mittelalterlicher Standardnarr in Grau, Porträt eines Narren, Gemälde aus dem Umfeld von Pieter Aertsen, Niederlande, um 1550, Privatbesitz
Zweifarbig geteiltes Kleid
Nicht selten folgte die Kleidung der Narren auch der mittelalterlichen Mode des Mi-Parti und war senkrecht in zwei Farbhälften geteilt, vorzugsweise rot und gelb. Die Anordnung der Farben an der Kappe wiederholte sich diagonal versetzt am Kittel und noch einmal erneut gespiegelt an der Hose. Also: Kappe rot – gelb, Kittel gelb – rot und Hose wieder rot – gelb.
Durch die Finger sehender lachender Narr in rot-gelbem Mi-Parti, anonymes Gemälde, Niederlande um 1530, Stockholm, National Art Museum of Sweden, NM6783
Gewandverzierung im Schembartlauf
Während die am Ende des 15. Jahrhunderts vermehrt auch in der Fastnacht anzutreffende Standardnarrentracht weiter schmucklos blieb, tauchen vor allem im Fastnachtsgeschehen der Stadt Nürnberg, beim dortigen Schembartlauf, ab den 1450er-Jahren erstmals Akteure in verzierten Gewändern auf. Das Kostüm dieser Schembartläufer wechselte von Jahr zu Jahr, sie trugen Masken mit helm- oder hutförmiger Kopfbedeckung, enganliegende, körperbetonte Kleidung und hatten in der einen Hand eine Lanze und in der anderen einen Blätterboschen, in dem ein Feuerröhrchen für pyrotechnische Effekte steckte. Neu an ihnen war die Verzierung ihrer Kleidung mit gemalten oder applizierten Bildelementen. Das konnten Ranken, Röslein, Disteln, Eichenlaub oder andere vorwiegend pflanzliche Motive sein. Zuweilen kam auch noch ein besonderes Bild auf der Brust der Läufer hinzu, meist eine ganzfigurige Frauengestalt.
Schembartläufer ganzfigurig, Nürnberger Schembartläufer von 1491 mit Eichenlaub-Malereien und einer Frauenfigur auf der Brust, Schembartbuch des 16. Jahrhunderts, Washington DC, Library of Congress, Rosenwald-Collection 18
Gewandverzierung im Schembartlauf
Während die am Ende des 15. Jahrhunderts vermehrt auch in der Fastnacht anzutreffende Standardnarrentracht weiter schmucklos blieb, tauchen vor allem im Fastnachtsgeschehen der Stadt Nürnberg, beim dortigen Schembartlauf, ab den 1450er-Jahren erstmals Akteure in verzierten Gewändern auf. Das Kostüm dieser Schembartläufer wechselte von Jahr zu Jahr, sie trugen Masken mit helm- oder hutförmiger Kopfbedeckung, enganliegende, körperbetonte Kleidung und hatten in der einen Hand eine Lanze und in der anderen einen Blätterboschen, in dem ein Feuerröhrchen für pyrotechnische Effekte steckte. Neu an ihnen war die Verzierung ihrer Kleidung mit gemalten oder applizierten Bildelementen. Das konnten Ranken, Röslein, Disteln, Eichenlaub oder andere vorwiegend pflanzliche Motive sein. Zuweilen kam auch noch ein besonderes Bild auf der Brust der Läufer hinzu, meist eine ganzfigurige Frauengestalt.
Schembartläufer ganzfigurig, Nürnberger Schembartläufer von 1491 mit Eichenlaub-Malereien und einer Frauenfigur auf der Brust, Schembartbuch des 16. Jahrhunderts, Washington DC, Library of Congress, Rosenwald-Collection 18
Tag und Nacht als Mi-Parti
Die Ausstaffierung der Nürnberger Schembartläufer wurde von ihrem ersten Auftreten 1449 bis zum Verbot des Schembartlaufs 1539 in Bilderchroniken exakt dokumentiert, sodass wir über das Aussehen der Läufer in jedem einzelnen Aufführungsjahr gut informiert sind. Der Überblick über die Gewandbemalungen zeigt, dass die Motive meist keine allzu tief gehende Symbolik hatten. Eine gewisse Ausnahme machte die Gestaltung 1472, als die Läufer mit Sonne, Mond und Sternen geschmückt waren. Die Anordnung der Gestirne folgte dem modischen Konzept des Mi-Parti, so dass die Akteure an ihrem Kostüm gewissermaßen eine Tag- und eine Nachthälfte zeigten.
Schembartläufer halbfigurig mit Sonne, Mond und Sternen, Schembartläufer von 1472 mit Sonne, Mond und Sternen auf dem Gewand, Schembartbuch aus dem Besitz des Sebastian Schedel, 16. Jahrhundert, Los Angeles, University of California, Library, Coll. 170. Ms. 351
Tag und Nacht als Mi-Parti
Die Ausstaffierung der Nürnberger Schembartläufer wurde von ihrem ersten Auftreten 1449 bis zum Verbot des Schembartlaufs 1539 in Bilderchroniken exakt dokumentiert, sodass wir über das Aussehen der Läufer in jedem einzelnen Aufführungsjahr gut informiert sind. Der Überblick über die Gewandbemalungen zeigt, dass die Motive meist keine allzu tief gehende Symbolik hatten. Eine gewisse Ausnahme machte die Gestaltung 1472, als die Läufer mit Sonne, Mond und Sternen geschmückt waren. Die Anordnung der Gestirne folgte dem modischen Konzept des Mi-Parti, so dass die Akteure an ihrem Kostüm gewissermaßen eine Tag- und eine Nachthälfte zeigten.
Schembartläufer halbfigurig mit Sonne, Mond und Sternen, Schembartläufer von 1472 mit Sonne, Mond und Sternen auf dem Gewand, Schembartbuch aus dem Besitz des Sebastian Schedel, 16. Jahrhundert, Los Angeles, University of California, Library, Coll. 170. Ms. 351
Kontrast von Fleisch und Fisch
Als weiteres Beispiel für eine tiefere Symbolik des Gewandschmucks der Schembartläufer darf der Kostümentwurf für 1515 gelten. Hier trugen die Läufer ein wiederum der Mi-Parti-Mode entsprechendes Wams, auf dessen einer Hälfte Fische abgebildet waren, während auf der anderen Würste erschienen. Dass diese Motivkombination auf den Kontrast zwischen Fastnacht und Fastenzeit hinweisen sollte, war für spätmittelalterliche Betrachter auf den ersten Blick erkennbar. – Nach dem Verbot des Schembartlaufs aufgrund eines Eklats in der Fastnacht 1539 scheint die Kostümierung der Läufer kein Fortwirken als Vorbild für spätere Fastnachtsverkleidungen entfaltet zu haben. Irgendeine plausible Traditionslinie von den Schembartläufern zu den erst ab dem 18. Jahrhundert nachweisbaren Häsmalereien in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht gibt es jedenfalls nicht.
Schembartläuter halbfigurig mit Fischen und Würsten, Schembartläufer von 1515 mit Fischen und Würsten auf dem Kittel, Schembartbuch aus dem Besitz des Sebastian Schedel, 16. Jahrhundert, Los Angeles, University of California, Library, Coll. 170. Ms. 351
Kontrast von Fleisch und Fisch
Als weiteres Beispiel für eine tiefere Symbolik des Gewandschmucks der Schembartläufer darf der Kostümentwurf für 1515 gelten. Hier trugen die Läufer ein wiederum der Mi-Parti-Mode entsprechendes Wams, auf dessen einer Hälfte Fische abgebildet waren, während auf der anderen Würste erschienen. Dass diese Motivkombination auf den Kontrast zwischen Fastnacht und Fastenzeit hinweisen sollte, war für spätmittelalterliche Betrachter auf den ersten Blick erkennbar. – Nach dem Verbot des Schembartlaufs aufgrund eines Eklats in der Fastnacht 1539 scheint die Kostümierung der Läufer kein Fortwirken als Vorbild für spätere Fastnachtsverkleidungen entfaltet zu haben. Irgendeine plausible Traditionslinie von den Schembartläufern zu den erst ab dem 18. Jahrhundert nachweisbaren Häsmalereien in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht gibt es jedenfalls nicht.
Schembartläuter halbfigurig mit Fischen und Würsten, Schembartläufer von 1515 mit Fischen und Würsten auf dem Kittel, Schembartbuch aus dem Besitz des Sebastian Schedel, 16. Jahrhundert, Los Angeles, University of California, Library, Coll. 170. Ms. 351
Der buntscheckige Arlecchino
Die ersten Impulse für fastnächtliche Gewandbemalungen im südwestdeutschen Raum gingen wohl von Italien aus. Die dortigen Figuren der Commedia dell‘ arte wurden im Lauf des 17. Jahrhunderts durch wandernde Theatergruppen und durch Darstellungen der bildenden Kunst zunehmend auch nördlich der Alpen bekannt. Insbesondere Gestalten wie Pagliaccio (Bajazzo), Pulcinella oder die komischen Diener-Typen aus der Gruppe der Zanni erlangten bald auf deutschen Bühnen ebenso wie im Fastnachtsgeschehen Popularität. Zur wohl markantesten Figur mit karnevalesken Zügen aus Südeuropa aber wurde der Arlecchino. Seine äußeren Kennzeichen waren eine schwarze Halbmaske und ein buntscheckiges Gewand, von dem aufgrund der Seltenheit früher Darstellungen schwer zu sagen ist, ob es seine Farbigkeit durch Stoff-Applikationen oder durch teilweise Bemalung erhielt. Eine der ältesten Abbildungen eines Arlecchino stammt von 1601.
Harlekin im Flickengewand, Harlekin im bunten Flickengewand, Titelillustration zu Tristano Martinelli: Compositions de rhétorique de Mr. Don Arlequin, 1601, Paris, Bilbliothèque Nationale
Der Harlekin im Rautenkleid
Typischer noch als die relativ wahllose Buntscheckigkeit des Harlekinkostüms der Frühzeit war später dessen Aufteilung in ein Gittermuster mit regelmäßig angeordneten farbigen Rauten, die manchmal gröber, manchmal feiner strukturiert, zwei- oder auch mehrfarbig sein konnten. Das Rautenmuster tauchte bereits im 17. Jahrhundert auf und wurde dann mehr und mehr zum klassischen Erscheinungsbild des Harlekins, wie er in der Malerei, der Druckgraphik, in hölzernen Skulpturen und nicht zuletzt von Porzellanmanufakturen gerne dargestellt wurde. Der gerautete Harlekin in seiner klassischen Form scheint hier und da auch bald schon im Fastnachtsgeschehen nördlich der Alpen aufgetaucht zu sein. Als die ersten Figuren dieser Art in den Fastnachten der Innerschweiz in Erscheinung traten, wurden sie in Chroniken als »Arligein« beschrieben. Offenbar waren sie aus dem Raum Mailand und aus dem Tessin über den Gotthard gekommen.
Harlekin im Rautengewand, Holzstatue farbig gefasst (100cm), 18. Jahrhundert, ursprünglich im Théâtre Séraphin im Palais-Royal, heute im Musée Carnavalet, Paris
Brille und Bratrost als Stoffbilder
Höchstwahrscheinlich angeregt durch die Kostümierung italienischer Arlecchini traten im Lauf des 17. Jahrhunderts in den Fastnachten des deutschen Sprachraums Narrengestalten auf, deren Gewandverzierungen eine neue Stufe erreichten. Statt der bloßen bunten Musterung in Rautenform zeigten die Kleider jetzt einfache, zu Fastnacht und Narretei passende Bildmotive. Beispielhaft hierfür ist eine als Monatsbild »Februar« angelegte Druckgraphik von Caspar Luyken aus der Zeit um 1700: Ein Narr dieser neuen Kostümgeneration tanzt mit einer Schweinsblase und einem Bratrost am Gürtel, Rummelpott spielend in einer Szene, auf der im Hintergrund noch klassische Pulcinellen mit Spitzhüten zu sehen sind. Kittel und Hose der Hauptfigur sind mit Abbildungen von Gegenständen aus der Narrenmetaphorik übersät: überwiegend mit Brillen, damals Zeichen der Torheit, und Bratrosten als Hinweis auf den fastnächtlichen Fleischkonsum.
Italianisierter Narr mit bemaltem oder appliziertem Anzug als Monatsbild „Februar“, Kupferstich von Caspar Luyken, 1698/1702, Amsterdam, Rijksmuseum
Vermehrung der Motive
Mit fortschreitender Zeit wurden die Motive auf den bebilderten Narrengewändern vielfältiger. Ein wiederum als Kalenderblatt für den Monat »Februar« angelegter, kolorierter Kupferstich zeigt einen dicklichen Narren mit Schlapphut, mit vors Gesicht gehaltener weißer Maske, mit gerautetem Kittel und mit ornamentierten Hosen, auf denen sich die Zahl der abgebildeten Gegenstände vervielfältigt hat. Außer Brille und Bratrost sind hier ein Bierkrug, ein Kochlöffel, Würste, Hühnerschlegel, Sonne, Mond, Sterne und Spielkarten zu sehen. Von diesen Bilder-Arrangements führt mit höchster Wahrscheinlichkeit ein direkter Weg zu den bemalten Narrenkleidern im schwäbisch-alemannischen Raum, deren Tradition ebenfalls bis ins 18. Jahrhundert zurückgeht, also auch einen zeitlichen Anschluss an die in der Druckgraphik dokumentierten bebilderten Fastnachtsgewänder aus dem Umfeld der Commedia dell‘ arte hat.
Italianisierter Narr mit bemaltem oder appliziertem Anzug als Monatsbild „Februar“, kolorierter Kupferstich, 18. Jh., Privatbesitz
Häsmalerei heute
Die Bemalungen auf schwäbisch-alemannischen Narrenkleidern haben sich von Ort zu Ort etwas anders entwickelt und lassen den Häsmalern heute unterschiedlich große Spielräume in der Gestaltung. Bei manchen ist das Motivrepertoire relativ offen, bei anderen sind die Grundmuster weitestgehend vorgeschrieben. Bemalt werden grundsätzlich alle Hästeile: das Kopfstück, der Kittel, soweit er nicht von Schellenriemen bedeckt ist, und die Vorder- und Rückseiten der Hosenbeine. Insbesondere sie bieten die größten Malflächen und werden meist mit stehenden menschlichen Figuren oder mit aufrecht abgebildeten Tieren geschmückt. Die Leinengewänder der Weißnarren haben nämlich bis auf wenige Ausnahmen weit fallende barocke Pluderhosen, die unter den Knien gebunden werden. Bei jedem Schritt des Trägers bewegen sich die dort gemalten Figuren durch den ständig veränderten Faltenwurf mit und erhöhen den Eindruck der Lebendigkeit.
Möhringer Hansele mit Häsmalereien, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Häsmalerei heute
Die Bemalungen auf schwäbisch-alemannischen Narrenkleidern haben sich von Ort zu Ort etwas anders entwickelt und lassen den Häsmalern heute unterschiedlich große Spielräume in der Gestaltung. Bei manchen ist das Motivrepertoire relativ offen, bei anderen sind die Grundmuster weitestgehend vorgeschrieben. Bemalt werden grundsätzlich alle Hästeile: das Kopfstück, der Kittel, soweit er nicht von Schellenriemen bedeckt ist, und die Vorder- und Rückseiten der Hosenbeine. Insbesondere sie bieten die größten Malflächen und werden meist mit stehenden menschlichen Figuren oder mit aufrecht abgebildeten Tieren geschmückt. Die Leinengewänder der Weißnarren haben nämlich bis auf wenige Ausnahmen weit fallende barocke Pluderhosen, die unter den Knien gebunden werden. Bei jedem Schritt des Trägers bewegen sich die dort gemalten Figuren durch den ständig veränderten Faltenwurf mit und erhöhen den Eindruck der Lebendigkeit.
Möhringer Hansele mit Häsmalereien, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Verschlüsselte Anzüglichkeiten
Während die Motive der bemalten Narrenhäser heute auffallend ästhetisiert und von jeder Anzüglichkeit gereinigt sind, gab es bis weit ins 19. Jahrhundert hinein durchaus auch derbe, zotige und obszöne Darstellungen auf Narrenkleidern. Das konnten Liebespaare in verfänglichen Situationen ebenso wie kackende oder kotzende Menschen sein. All diese anstößigen Motive auf einzelnen Häsern sind inzwischen längst von den Narrenzünften aus dem Verkehr gezogen worden. Einzig dort, wo gewisse Pikanterien wegen ihrer geschickten Verschlüsselung nicht mehr als solche erkannt wurden, blieben sie stehen. So etwa beim Standardmotiv auf der Hosenrückseite eines jeden Villinger Narro. Dort ist stets das Allerweltsfigurenpaar Hänsel und Gretel zu sehen – das Hänsele auf dem linken und das Gretle auf dem rechten Hosenbein.
Malerei auf Villinger Narrenkleid , Hänsele und Gretle als Standardmotiv auf der Hosenrückseite eines Villinger Narro, Foto: Narrenzunft Villingen
Hänsele mit der Wurst
Während Gretle einen Kamm, im Dialekt einen Strähl, in der Hand hat, mit dem sie die Leute »strählen«, im übertragenen Sinne also verbal durchhecheln kann, hält Hänsele in seiner hocherhobenen Hand eine Wurst und bietet sie dem Gretle an. Wenn man bedenkt, dass mit der Wurst keineswegs nur auf den fastnächtlichen Fleischkonsum angespielt wird, sondern dass »Wurst« stets auch der gängige Ausdruck für »Phallus« war, so gewinnt die vermeintlich harmlose Darstellung eine andere Dimension. Auch das gehörte zur Fastnacht.
Malerei auf Villinger Narrenkleid , Hänsele und Gretle als Standardmotiv auf der Hosenrückseite eines Villinger Narro, Foto: Narrenzunft Villingen
Unverfängliche Pflanzenornamentik
Die Häsmalereien auf Narrengewändern sind eine der herausragenden Besonderheiten der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Jeder Weißnarr ist durch die Malereien auf seinem Kopfstück, seinem Kittel und seiner Hose ein wandelndes Kunstwerk. Keines der bemalten Kleider gleicht exakt dem anderen: Je nach Vorgabe der örtlichen Tradition weichen sie mehr oder weniger stark voneinander ab. Ganz unverwechselbar allerdings dürfen die Bemalungen auch nicht sein, um die Anonymität ihrer Träger zu wahren. So sind etwa Porträts auf Narrenkleidern verpönt, weil sie die Identifikation des durch die Larve unkenntlichen Trägers erleichtern. Auch moderne Motive wie etwa Figuren aus Comics gelten als unpassend. Erlaubt und gewünscht sind Pflanzen, Ranken, Blumen und Tiere, durchaus auch heraldische Lebewesen wie etwa Löwe oder Greif. Und hinzu kommt eine Vielzahl lokaler Besonderheiten.
Blumennarren aus Bräunlingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Unverfängliche Pflanzenornamentik
Die Häsmalereien auf Narrengewändern sind eine der herausragenden Besonderheiten der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Jeder Weißnarr ist durch die Malereien auf seinem Kopfstück, seinem Kittel und seiner Hose ein wandelndes Kunstwerk. Keines der bemalten Kleider gleicht exakt dem anderen: Je nach Vorgabe der örtlichen Tradition weichen sie mehr oder weniger stark voneinander ab. Ganz unverwechselbar allerdings dürfen die Bemalungen auch nicht sein, um die Anonymität ihrer Träger zu wahren. So sind etwa Porträts auf Narrenkleidern verpönt, weil sie die Identifikation des durch die Larve unkenntlichen Trägers erleichtern. Auch moderne Motive wie etwa Figuren aus Comics gelten als unpassend. Erlaubt und gewünscht sind Pflanzen, Ranken, Blumen und Tiere, durchaus auch heraldische Lebewesen wie etwa Löwe oder Greif. Und hinzu kommt eine Vielzahl lokaler Besonderheiten.
Blumennarren aus Bräunlingen, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Mit Türkenmotiven bemaltes Kopfstück eines Rottweiler Weißnarren, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Zeitgeist auf Weißleinen: Türkenbilder
In Rottweil haben Tiroler Trachten oder Türkenfiguren als Schmuck auf Narrenkleidern Tradition, wobei letztere teils an die Türkenkriege, teils aber auch an die Türkenbegeisterung des 18. und 19. Jahrhunderts erinnern, wie sie sich etwa in der türkischen Musik oder in türkischen Teepavillons äußerte. Beim Tragen solch hochwertig bemalter Gewänder ist für die Akteure Vorsicht geboten: Jede Verschmutzung, jede Scheuerstelle, jeder beim Sitzen entstehende Knick im Stoff schädigt die Kunstwerke, die Generationen überdauern sollen und für deren zeitaufwändige Anfertigung viel Geld ausgegeben wird.
Mit Türkenmotiven bemaltes Kopfstück eines Rottweiler Weißnarren, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de
Zeitgeist auf Weißleinen: Türkenbilder
In Rottweil haben Tiroler Trachten oder Türkenfiguren als Schmuck auf Narrenkleidern Tradition, wobei letztere teils an die Türkenkriege, teils aber auch an die Türkenbegeisterung des 18. und 19. Jahrhunderts erinnern, wie sie sich etwa in der türkischen Musik oder in türkischen Teepavillons äußerte. Beim Tragen solch hochwertig bemalter Gewänder ist für die Akteure Vorsicht geboten: Jede Verschmutzung, jede Scheuerstelle, jeder beim Sitzen entstehende Knick im Stoff schädigt die Kunstwerke, die Generationen überdauern sollen und für deren zeitaufwändige Anfertigung viel Geld ausgegeben wird.
Mit Türkenmotiven bemaltes Kopfstück eines Rottweiler Weißnarren, Foto: Ralf Siegele, www.ralfsiegele.de